Byron DIC-22815 – Türgegensprechanlage mit Sicherheitsproblem

Lange habe ich überlegt, was ich positives über diese Kabellose Video Türgegensprechanlage mit Aufzeichnungsfunktion schreiben kann um dieses Review fair zu gestalten. Ich versuche es mal:
Positiv ist auf jeden Fall, dass die Kommunikation zwischen Basis und Klingelmodul grundsätzlich funktioniert und auch stabil zu sein scheint.
Die Verarbeitung des Klingelmoduls geht auch in Ordnung. Das ist gut, schließlich hängt das Gerät ja auch außen und ist für jeden frei zugänglich und ersichtlich.

Dass der konvexe Billo-Plastikbildschirm der Basis bereits verkratzt und vollgeschmiert war, als das Set bei mir ankam, berücksichtige ich mal nicht in diesem Review. Auch nicht, dass die Akkus offensichtlich schon einige Zyklen hinter sich hatten und nur noch sehr kurz halten lasse ich mal außen vor. Die Geräte scheinen also schon ausgiebig genutzt worden zu sein – Sowas für einen Produkttest auszuliefern ist natürlich… naja… fraglich. Bringt es denjenigen der sich damit beschäftigen soll doch erst einmal in eine negative Stimmung. Wie man unten lesen kann, hätte ein Set in besserem Zustand aber keinen Unterschied gemacht.

Kommen wir nun zur Realität:
Die Software ist nicht ausgereift und die Hardware veraltet. Zudem ist dieses Gerät ein ernstes Sicherheitsrisiko und noch dazu gnadenlos überteuert.

Schon von außen sieht man der Basis an, dass sie keinen Anspruch darauf hat aktuellen Design Trends zu folgen. Grundsätzlich muss man das auch nicht, wenn der Inhalt stimmt. Leider ist hier das Design der 2000er aber konsequent von der katastrophalen Bedienung bis hin zum wirklich schlechtesten Lautsprecher den ich die letzten 20 Jahre gehört habe durchgezogen worden.

Die SW hängt sich sporadisch spontan auf und gibt nur noch Artefakte auf dem schlecht auflösenden LCD aus (siehe Foto) und die Menüführung sowie die Positionierung der Tasten ist so grandios schlecht dass es wehtut. Fun Fact: Ein Beipackzettel zeigt einen Finger der auf dem Bildschirm einen Menüpunkt anklickt. 🙂 Wie das ohne Touchscreen gehen soll ist mir ein Rätsel…

Der SD Karten Slot unterhalb des Akkus in der Basis ist ein weiteres Highlight. Ungeachtet der Tatsache, dass jede von mir getestete SD Karte (zwischen 8GB und 128GB) eine Error Meldung hervorgerufen hat, muss man beim Einlegen der SD Karte peinlichst darauf achten nicht den kleinen Blechhalter, die Kontakte auf der Platine oder sogar die Karte selbst zu beschädigen.

Schade, ohne die SD Karte gibt es dann halt keine Video und Ton Aufnahmen von Menschen auf dem öffentlichen Gelände vor meinem Haus. – Sollte der nicht funktionierende SD Karten Slot denn tatsächlich Absicht sein um mit dem System DSGVO konform zu bleiben? 🙂
Ach ja, übrigens scheint das Ladegerät im Lieferumfang etwas unterdimensioniert zu sein. Ich konnte beim Akku der Basis und des Klingelmoduls nur eine Ladeleistung von etwas über 2 Watt messen. Dann dauert das Laden natürlich entsprechend lange.

Nachdem ich dann den notwendigen Pairing Prozess zwischen Basis und Klingelmodul (Achtung: Dip Schalter am Klingelmodul müssen verstellt werden!) überstanden hatte funktionierte, wie Anfangs bereits erwähnt, zumindest die Kommunikation und alle rudimentären Funktionen wie erwartet.

Welche Funktionen meine ich? Genau. Kommen wir mal zum großen Problem mit diesem Wunderwerk der Sicherheitstechnik.

Definieren wir mal eben für wen diese Gerätekategorie bestimmt ist:
Haus- oder Wohungsbesitzer ohne die Möglichkeit zu sehen wer vor der Tür steht, wenn es geklingelt hat. Das System soll also eine Video- und Tonübertragung sowie die Möglichkeit der Fernöffnung von Haustür und/ oder Gartentor bereitstellen. Das bedeutet natürlich immer, dass die Klingel in einem Bereich des Grundstücks hängt der für JEDEN zugänglich ist und nicht weit entfernt von öffentlichen Bereichen liegt. Klar, sonst würde eine Klingel auch keinen Sinn machen.
So läuft das dann ab:
Jemand klingelt, ich schaue am Monitor wer es ist, spreche kurz mit der Person und sage ihr sie soll „hochkommen“. Dann drücke ich den kleinen Knopf mit dem Schlüsselsymbol darauf, an der Tür brummt es und der Gast kommt ins Haus ohne dass ich die Tür berührt habe.

Genau hier wird es jetzt unheimlich.
Als ich die Rückseite des Klingelmoduls untersucht habe fand ich die kleine Kontaktleiste mit der Möglichkeit eine externe Spannungsversorgung, einen Türöffner sowie einen Gartentoröffner anzuschließen.
Eine kurze Durchgangsmessung direkt an den Kontakten verdeutlicht die Funktion dieser Anschlüsse. Drückt man auf der Basis den Schalter mit z.B. dem Schlüsselsymbol wird ein Relais im Klingelmodul geschaltet. Dieses wiederum schaltet die entsprechenden Anschlüsse an der Kontaktleiste auf Durchgang und betätigt so den Haustüroffner.

Die Betätigungszeit kann man dann auch noch zwischen 100ms und einigen Sekunden einstellen.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass ich als jemand der ins Haus will, aber vielleicht nicht darf, nur das Klingelmodul von der Wand abschrauben und die beiden Drähte kurzschließen muss um mir selbst die Tür zu öffnen!
Ich hab’s versucht. 30 Sekunden habe ich für die 3 Kreuzschlitzschrauben, das Abhängen der Klingel und das Kurzschließen der Leitungen gebraucht und wäre im Haus gewesen.

Das Gerät als Türöffner einzusetzen ist also grob fahrlässig. Macht man es trotzdem würde ich dafür sorgen, dass die Haustür auf jeden Fall Nachts mehrfach abgeschlossen und nicht nur ins Schloss gefallen ist. Eventuell würde ich auch noch mit der Versicherung sprechen, ob es im Einbruchsfall zu Problemen mit dem Versicherungsschutz kommen kann.

Nach dieser haarsträubenden Zeit mit diesem katastrophalen Beispiel der Ressourcen Verschwendung habe ich wenig Motivation gehabt noch weitere Tests mit dem Gerät durchzuführen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass bei intensiveren Tests weitere interessante Details auftauchen würden. Zum Beispiel gehe ich davon aus, dass die 2,4 GHz Funkverbindung zwischen Klingelmodul und Basis nicht verschlüsselt wird und auch wird sie sicherlich nicht über Wochen gleichmäßig stabil sein…

Fazit:
Selbst wenn man das Gerät nur als Klingel und Monitor ohne Möglichkeit der Türöffnung einsetzt rate ich bei diesem hohen Preis absolut vom Kauf ab.
Da ich keine Update Möglichkeit der Software gefunden habe, denke ich wird ein Software Fix die Zukunft dieser Geräte nicht besser machen können.
Das Türöffner/ Gartentoröffner Problem ist konstruktiv bedingt und sollte eigentlich schon während der frühen Produktentwicklungsphase beim Herstellers ein Show Stopper gewesen sein.

Hier noch der Amazon Link zum Produkt:
Byron DIC-22815

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